
Wettbewerb - Figuren Theater Museum Kolk, Lübeck - 2. Preis
Die Grundlagen unserer Überlegungen sind zum einen die eingehende Analyse der Bestandsgebäude, die wir zusammen mit einem Bauforscher durchgeführt haben, zum anderen die konkret benannten funktionalen und räumlichen Anforderungen an das Museum für Theaterfiguren und das Figurentheater.
Das Ziel des Entwurfs ist, diese Anforderungen und damit die zukünftige Gestalt der „Räume für Theaterfiguren“ in Einklang zu bringen mit den Möglichkeiten, die das Ensemble der historischen Gebäude mit ihrer spezifischen Struktur bereithält.
Wir schlagen vor, die publikumswirksamen Räume des Museums und Theaters „unter einem Dach“ zusammenzuführen, so dass sich die Nutzungen gegenseitig ergänzen und befruchten können: Theaterbesucher erhalten den Anreiz, auch das Museum zu besuchen oder im Shop ein Erinnerungsstück zu erwerben; im gleichen Sinne sollen auch Museumsbesucher durch den Einblick ins Theater zum Besuch einer Vorstellung angeregt werden. Die Kasse wird also zu einer gemeinsamen Kasse für Museum (Tickets und Shop) und das Theater incl. Café sein. Aus dem Zusammenführen können und sollen sich weitere organisatorische Synergieeffekte für den Betrieb von Museum und Theater ergeben. Nicht zuletzt kann das heutige Theater so lange weiter betrieben werden, bis die Häuser Kolk 14-18 fertig umgebaut sind.
Der Entwurf
Kolk 14-18
Theatersaal und Ausstellungsräume des Museums werden im Gebäudekomplex Kolk 14-18 untergebracht. Über einen Eingang mit gemeinsamem Foyer/ Shop- und Kassenbereich sind sie barrierefrei erschlossen; die notwendigen Nebenräume (Garderobe/ Schließfächer/ WCs) werden gemeinsam genutzt; sie liegen im Untergeschoss.
Die in Haus Nr. 14 ursprünglich vorhandene Diele soll –nach Entfernen der tief abgehängten Decke- wieder hergestellt werden, ebenso wie die ursprünglichen Öffnungen der Diele in der Fassade, die heute noch erkennbar sind: die spätmittelalterliche, spitzbogige Portalöffnung und das hohe Dielenfenster. Das Raumerlebnis wird durch den das Haus in seiner kompletten Breite und Tiefe einnehmenden Raum und die neue, ihm einbeschriebene hölzerne Galerie bestimmt. Diese Galerieebene wird als ergänzende Fläche für das Café bzw. als Pausenfoyer für das Theater genutzt. Durch die gemeinsame Nutzung können Kasse, Shop und Café durch eine Person betrieben werden. In der Gebäudestruktur nimmt das Haus Kolk 16 eine Sonderstellung ein: Es war später zwischen die beiden Häuser Nr. 14 und 18 gebaut worden, was seine extrem schmale Form begründet. In diesem Sinne ist es konsequent, die Erschließung hier zu belassen. Die neuen Treppen, die in die unterschiedlichen Niveaus der beiden Häuser Nr. 14 und 18 führen, werden als von der historischen Substanz losgelöste Konstruktionen eingestellt, ergänzt um einen Aufzug vor Kopf, über den alle wesentlichen Räume barrierefrei erschlossen werden.
Der Theaterraum des Figurentheaters schließt sich erdgeschossig in Haus Kolk 18 an das Foyer an. Hier wird die natürliche Gefällesituation entlang der Kleinen Petersgrube ausgenutzt, die einen zur Bühne hin in Stufen abfallenden Theaterraum über zwei Geschosse entstehen lässt. Dieser Raum wird dem hohen künstlerischen Anspruch des Theaters gerecht und strahlt eine authentische Theateratmosphäre aus. Die Raumhöhe ermöglicht eine Emporenebene mit zwei Sitzreihen, von der aus die Zuschauer dicht am Geschehen auf der Bühne teilhaben können: 105 Zuschauer finden in diesem Theaterraum Platz.
Unmittelbar an die Bühne angeschlossen sind im Hinterhaus die Räume für Requisiten und Lager für technisches Equipment, die sich über zwei Geschosse erstrecken und mit einer Scherenhubbühne den einfachen Transport ermöglichen. Die Theaterwerkstatt befindet sich im EG und 1.OG des Hauses Kleine Petersgrube 6.
Die Obergeschosse der Häuser Kolk 14 und 18 sind ausschließlich der Museumsnutzung vorbehalten. Diese räumliche Konstellation ermöglicht für den Besucher übersichtliche und klar gegliederte Bereiche und eine gleichermaßen großzügige wie flexible Museumsgestaltung.
Die Öffnungen der hohen Erdgeschosszone des Eckhauses Kolk 18 werden zu schlanken, hohen Öffnungen zusammengefasst, in die erdgeschossig leicht vorspringende Schaukästen, in denen Puppen, Masken oder andere Hinweise auf Ausstellungen oder Inszenierungen gezeigt werden können, ausgestellt werden. Der Theatersaal wird auf diese Weise nach außen sichtbar gemacht. Während der Theatervorstellungen werden die oberen Felder der Fenster mit Vorhängen geschlossen. Die Fassade soll mit ziegelrot eingefärbtem Putz neu gestaltet werden.
Kolk 20-22
Die besondere Struktur dieses Hauses lässt sich an den Fassaden noch weitgehend ablesen, ist im Inneren aber durch diverse Umbauten stark verunklart: In das Erdgeschoss eingefügt waren ursprünglich drei „Buden“ mit jeweils eigenem Eingang, die bereits zur Entstehungszeit des Hauses als Einraum- Wohnungen vermietet wurden. Eine Bude links neben dem Eingang, die beiden anderen, dem abfallenden Straßenverlauf folgend, mit direkten Zugängen von der Kleinen Petersgrube aus.
Das restliche Erdgeschoss diente als „Diele“ des eigentlichen Wohnhauses, hier als flacher Raum in Erscheinung tretend; darüber befand sich das Wohngeschoss mit einer großflächigen Befensterung, die der eines Saales entspricht. Der Seitenflügel war, wie üblich, in seinen Niveaus zu den Ebenen des Vorderhauses versetzt.
An diese ursprüngliche Struktur anknüpfend schlagen wir vor, die beiden „Buden“ an der Kleinen Petersgrube wieder direkt von außen zugänglich zu machen: sie dienen als gekoppelter Raum für Museumspädagogik bzw. als Versammlungsraum für Gruppen oder Schulklassen, die hier in ein Thema eingeführt werden können. Die „Diele“ dient als Multifunktionsraum für Gruppen, hier soll auch die Ausstellung zur Baugeschichte der Häuser ihren Platz finden.
Eine neu an der Schnittstelle zwischen Haupthaus und Seitenflügel eingefügte Treppe erschließt sämtliche Ebenen, ergänzt um den benachbarten Aufzug für die Barrierefreiheit bzw. zum Lastentransport. Im ersten Obergeschoss wird –dem ursprünglichen Saal entsprechend- der große Theaterproberaum mit anschließendem Besprechungsraum zu finden sein. Im zweiten Obergeschoss sind –ebenfalls im Einklang mit der kleinteiligen vorhandenen Befensterung- alle Büros untergebracht, ergänzt um die gemeinsamen Nutzungen: Bibliothek/ Sozialraum und Nebenräume (Küche, WC). Im Seitenflügel, sowie in den beiden Dachgeschossebenen finden sich Lager und Technikräume.
Das kleine benachbarte Haus Kleine Petersgrube 5 wird mit wenigen Eingriffen zu einem Wohnhaus umgestaltet: über dem erdgeschossigen Eingangsraum mit Küche finden sich in den Obergeschossen drei Appartements für gastspielende Theaterkünstler: das Haus wird also zu einem „Puppenspielerhaus“ werden.