
Wettbewerb - Dorflageweg, Hamburg
Städtebauliche Leitidee
Situation: Die vorhandene Situation ist stark geprägt von einer extremen Heterogenität der Bebauung und Typologien mit extremen Brüchen (eingeschossige Einfamilienhäuser, mehrgeschossige straßenbegleitende Häuser in offener Bauweise und geschlossener Bauweise bis hin zum Hochhaus). Diese Brüche zeigen heute deutlich, dass die im B-Plan seinerzeit beabsichtigte (und heute kritisch gesehene) Entwicklung des Gebietes nicht stattgefunden hat. Dazu kommt eine aus dem städtebaulichen Zusammenhang durch Bahngleise und eine Straßen-schneise ausgeschnittene fast inselartige Lage des Baugebiets, die trotz vermeintlicher „Idylle“ durch schönen Baumbestand einer hohen Lärmbelastung ausgesetzt ist. Diese Heterogenität soll durch die neue Bebauung des Baufeldes 1 und die zukünftige Entwicklung im erweiterten Gebiet geheilt werden mit dem Ziel, ein lebenswertes und identitätsstiftendes Umfeld zu schaffen.
Baufeld 1: Wir haben im ersten Bearbeitungsschritt eine sich ab staffelnde Gebäudegruppierung für das Baufeld 1 vorgeschlagen, die zur Straße hin den Häusern ein eigenes räumliches Vorfeld mit individuellen Eingangszonen erzeugt, gleichzeitig die notwendige schallschützende Wirkung entfaltet. Im grünen Innenbereich bietet die Abstaffelung die Chance einer räumlichen Differenzierung der Außenräume, die sich trotz des fließenden Gesamterscheinungsbildes der Gartenzone auf die Gebäude beziehen und sich mit ihnen verzahnen. Ein moderater Hochpunkt mit 6 Geschossen, die allerdings von der Straße zurückversetzt angeordnet sind, akzentuiert den Beginn der Baukörperkette im Südwesten.
Der Übergang am nördlichen Ende des Baufeldes 1 zu einem zukünftigen Nachbarn stellt eine besondere Herausforderung dar; wir schlagen hier einen Übergangsbaukörper aus Balkonen vor, der straßenseitig mit einer begrünten Wand abschließt, und damit sowohl die Schallschutzfunktion erfüllt, wie auch als gestalterische „Fuge“ zur zukünftig anschließenden Bebauung wirkt.
Erweitertes Gebiet: Das südliche Haus parallel zum Dorflageweg kann in einem zweiten Bauabschnitt sinnvoll nach Osten ergänzt werden, genauso wie das dahinter liegende Haus, dessen Erschließung im ersten Bauabschnitt über einen Durchgang am westlichen Dorflageweg organisiert ist.
Für das übrige Baufeld 2 haben wir die Baumassen so angeordnet, dass sie in einzelnen Entwicklungsschritten grundstücksbezogen und ohne Abhängigkeit von Nachbarn etc. realisiert werden können.
In den Gebäuden entlang der Straße sollten sich Geschosswohnungen entwickeln lassen, im Innenbereich befinden sich Townhäuser (Maisonettes) bzw. Reihenhausgruppen, die in der Regel über Durchfahrten in den Vorderhäusern erschlossen werden. Alle Geschossigkeiten orientieren sich dabei jeweils an den Vorgaben des Restriktionsplans.
Die Gebäude (Baufeld 1)
Da ein wesentlicher Teil der Wohnungen nach innen, zur ruhigen Grundstücksseite orientiert ist, haben wir die Erschließung der Häuser am Dorflageweg mit einem Sicherheitstreppenraum („light“) geplant, damit Fahr- und Aufstellflächen für die Feuerwehr im Garten vermieden werden können. An diesen Treppenraum schließt bei den beiden längeren Gebäuden ein Laubengang an. Dieser ist so verglast, dass eine natürliche Be- und Entlüftung (im Brandfall: Entrauchung) möglich ist, dennoch aber eine schallgeschützte Pufferzone entsteht.
Die Wohnungen beruhen im Wesentlichen auf einem Raster von 3,25m; neben einigen über die gesamte Baukörpertiefe „durchgesteckten“ Wohnungen, sind die kleinen Wohnungen, die die Hälfte des geforderten Programms ausmachen, einseitig zum Garten orientiert. Der geforderte Wohnungsmix ist in der vorgestellten Planung abgebildet, kann aber bei Bedarf auf andere Größen leicht angepasst werden, ohne die Grundstruktur verlassen zu müssen. Für die kleinsten Wohnungen (45m²) haben wir Varianten in der Raumaufteilung (bei gleichbleibender Grundstruktur und Größe) aufgezeichnet (Varianten Schlafraum).
Die wenigen Zimmer, die zur lauten Seite orientiert sind, werden mit Schalldämmlüftern ausgestattet.
Die Erdgeschosswohnungen können bei Bedarf auch direkt von außen erschlossen werden (Individualisierung, Maximierung Wohnfläche); die Varianten dazu sind dargestellt.
Kita: Die Kita findet im EG des südwestlichen Eckgebäudes Platz, und erhält hier ausreichend qualitätvolle Freifläche (Bestandsbaum!) für das Spielen der Kinder.
Geförderte Wohnungen: Die geförderten Wohnungen sind in den beiden Baukörpern mit Laubengangerschließung vorgesehen; die Wohnungsgrößen und -Zuschnitte haben wir hier entsprechend den Förderbedingungen gezeichnet (in allen Geschossen außer Erdgeschoss). Es sind aber auch andere Verteilungen möglich, wenn dies gewünscht wird.
Barrierefreie Wohnungen: Entsprechend den Vorgaben sind 25 Wohnungen (das entspricht einem Geschoss) barrierefrei ausgebildet und dimensioniert (Kennzeichnung in den Grundrissen mit B).
Gestaltung: Die Differenzierung zwischen geschlossenen wirkenden Fassaden an den lärmbelasteten Seiten und den sich öffnenden Fassaden zum Innenbereich ist das bestimmende Thema der Gestaltung. Die verglasten Laubengänge geben den Straßenseiten eine eigene Prägung, die der schalltechnisch notwendigen Geschlossenheit eine diese überspielende Transparenz entgegensetzt. Die durchgehenden, leichter wirkenden Balkonzonen mit großzügiger Verglasung der Wohnungen prägen die Gartenseite: jede Wohnung verfügt unabhängig von ihrer Größe über einen qualitätvollen Freisitz, im Erdgeschoss als Terrasse sich ausweitend.
Durch diesen Gestaltungsansatz wird die Gemengelage der verschiedenen Wohnungsgrößen und-typen zu einem großzügig wirkenden Ganzen transformiert.
Material und Konstruktion: Die Fassaden bestehen aus roten Ziegeln, die im Bereich der Balkone in Kombination mit Fertigteildeckenplatten als Fertigteilkonstruktion ausgebildet werden sollen. Die begrünten Dächer werden als Retentionsflächen ausgebildet.
Die Konstruktion der Gebäude soll mit einem hohen Maß an Vorfertigung erfolgen. Das ist durch die Wiederholung der Maße und Typen und der damit verbundenen gleichen Spannweiten insbesondere bei den tragenden Bauteilen (Wohnungstrennwände, Decken) sehr gut realisierbar. Nichttragende Innenwände in Holzbauweise erlauben ein späteres Anpassen der Grundrisse an sich verändernde Bedürfnisse und ermöglichen eine dauerhafte Nutzung der Gebäude. Nach dem Stand unserer Recherche kann für das Grundstück Fernwärme bereit gestellt werden, so dass hier ein niedriger Primärenergiefaktor zugrunde gelegt werden kann.
Außenanlagen und ruhender Verkehr: Der überwiegende Teil des ruhenden Verkehrs wird in der Tiefgarage mit 50 Stellplätzen untergebracht, deren einspurige Einfahrt (Ampelschaltung) von Norden erfolgt. Im Untergeschoss sind neben Fahrradabstellräumen unterhalb der Häuser die Abstellräume für die Wohnungen zu finden; sie sind jeweils über die Aufzüge barrierefrei erschlossen.
Weitere PKW- Stellplätze, darunter auch für Besucher und die Kita sind als Parkbuchten straßenbegleitend geplant; hier finden sich auch 10 Plätze mit E- Ladestationen oder bzw. für ein Carsharing Angebot.
Der geschützte Baumbestand wurde in das Bebauungskonzept integriert; die straßenbegleitenden Bäume sollen trotz Integration der neuen Stellplätze überall wo möglich erhalten werden. Straßenseitig sind Müllsammelplätze als Unterflursystem vorgesehen und auch Fahrradabstellplätze unmittelbar neben den Eingängen. Im grünen Innenbereichs werden die privaten Zonen (Terrassen EG) mittels Heckenblöcken abgeschirmt. Ansonsten ist der Garten als durchgehend begrünte Aufenthalts- und Spielfläche mit locker verteilten Gehölzen gestaltet.