
Gutachterliches Verfahren - Besucherzentrum an der Hauptkirche St. Michaelis Hamburg
Das Besucherzentrum am Michel steht in einem städtebaulichen Gesamtkontext, der von dem Wahrzeichen St. Michaelis eindeutig beherrscht wird. Die den Michel unmittelbar umgebenden Gebäude auf der Kircheninsel beziehen sich zum einen klar auf die Kirche in ihrer Mitte, zum anderen ist der städtebauliche Zusammenhang der Kircheninsel nach außen entscheidend durch die Veränderungen nach dem 2. Weltkrieg mit ihren breiten Straßen und Verkehrsflächen und der freigehaltenen Sichtachse zwischen Elbe und Michel geprägt. Aus dem ursprünglichen historischen Kontext ist als einziges Relikt die Schumacher-Treppe ein wichtiger Anknüpfungspunkt, die schon für die Gestalt der Bauten von Langmaack mit ihrem verbindenden Motiv des Sandsteinsockels prägend war.
Funktionale Zuordnung und Innenraumgestaltung
Es gibt zwei Ein- bzw. Ausgänge, die sich auf zwei Ebenen gegenüberliegen: im Untergeschoss befindet sich vom Krayenkamp aus der Eingang für große Besuchergruppen, die mit dem Bus anreisen, auf der Nordseite des Erdgeschosses der Ein- und Ausgang, durch den die Besucher zum Michel gelangen, bzw. wieder zurückkehren und für Besucher, die das Besucherzentrum und die Konzertkasse vom Kirchhof aus betreten.
Die Besuchergruppen betreten im Untergeschoss einen Raum, von dem aus die wesentlichen räumlichen Zusammenhänge des Hauses direkt erlebt werden können und der die Orientierung im Haus für die Besucher übersichtlich und einfach macht. Dieser Raum dient als Sammelraum für eine Busgruppe, hier werden die
(Gruppen-) Tickets gelöst und von hier aus führt der Weg zu den sanitären Anlagen.
Dieser Weg ist als Passage mit Vitrinen gestaltet, so dass dieser Weg als Bestandteil des Ausstellungskonzeptes Michel erlebt wird. Die Außenwand der Passage zeigt exemplarisch das Thema der Wandgestaltung, das unserem gesamten Entwurf sowohl innen, wie außen zugrunde liegt: das Thema der durchbrochenen Wand: alle Wände haben einen variierenden Anteil an gleichmäßig verteilten, unterschiedlich breiten Öffnungen. Sie erzeugen einen differenzierten Charakter der Wände: von der eng rhythmisierten Wand, die die Haupttreppe von den angrenzenden Räumen trennt, bis hin zu den geöffneten Fassaden mit ihrer Pfeilerstruktur. Der Verbindungsflur nach Norden zwischen Shop und dem Umgang der Turmfundamente ist in ähnlicher Weise gestaltet. Die Besucher werden auf dem Weg nach oben bzw. zum Michel und auch auf dem Rückweg (von oben kommend bzw. auf dem Rückweg der Fundamentumgänge) durch den Shop geführt.
Wir haben viel Wert darauf gelegt, dass die Eingangsebene nicht den Charakter eines Untergeschosses hat: durch mehrere großzügige Öffnungen in der Decke und die Dreigeschossigkeit im Bereich der Treppe wird nicht nur eine räumliche Großzügigkeit mit Verknüpfungen und Blickbeziehungen ins Erd- und Obergeschoss erreicht, sondern auch viel Tageslicht ins Untergeschoss gebracht.
Als Verbindung der Ebenen steht im Zentrum eine breite, einläufige Treppe, die über das verglaste Dach Licht von oben erhält und den Besucher direkt auf den Michel zuführt.
Im Erdgeschoss befinden sich die Kassen für die übrigen Besucher und die Konzertkasse, sowie das Café mit vorgelagerter Terrasse nach Südosten. Eine gegenläufige schmalere Treppe führt ins Obergeschoss mit Büros und dem teilbaren Veranstaltungssaal samt Nebenräumen. Das Foyer ist hier als offene Galerie um den großen Treppenraum angelegt und ermöglicht direkte Blickbeziehungen zum Michel.
Architektur und Fassaden
Wir haben den Baukörper so gestaltet, dass er sich klar in den Kontext der Langmaackschen Kirchennebenbauten stellt ohne seine Eigenständigkeit aufzugeben. Der Baukörper ist vom Sandsteinsockel durch eine massive Platte getrennt: sie bildet das neue Plateau, mit dem sich das Besucherzentrum auf den Kirchhof stellt und an dessen Rändern die Übergänge zum Kirchhof durch Sitzstufen, Treppen und eine Rampe gebildet werden. Ziel ist zum einen die klare Trennung des Neuen über dem bestehenden Platz, zum anderen, die Aufenthaltsqualität im Außenraum mit einfachen Mitteln deutlich zu verbessern.
Der zweigeschossige Hauptbaukörper wird durch Pfeiler aus Ziegelstein gebildet. Wir streben dabei an als Material Abbruchziegel zu verwenden, im Idealfall die Ziegel aus dem Abbruch des bisherigen Pastoratsgebäudes.
Der Rhythmus der Pfeiler varriiert zwischen einer engen Stellung, deren Zwischenräume mit Paneelfeldern geschlossen sind und einer weiten Stellung, die verglast ist und das Gebäude über weite Strecken transparent macht. Die dem Kirchhof zugewandte Fassade ist im Erdgeschoss mit einer eingeschnittenen Kolonnade gestaltet und knüpft mit diesem Motiv und mit den Sandsteinpfeilern unmittelbar an die Gestaltung der Kirchhoffassaden der Langmaackschen Gebäude an. Die gedeckte Fläche unter der Kolonnade bildet für die Besucher auch bei schlechter Witterung einen guten Übergang zwischen dem Innenraum und dem Weg über den Kirchhof zu den Portalen des Michel.
Das Dach ist als fünfte Ansicht entworfen worden: Strukturgebend ist das Tragwerk über den großen Spannweiten (Saal und Treppenhaus), welches das Dach in regelmäßige Flächen teilt, die -flach geneigt- mit Blech verkleidet werden. Als Material ist, wie bei den übrigen Dächern der Kircheninsel, Kupfer vorgesehen; die Öffnung des Daches über dem Treppenhaus ist verglast.